Mittwoch, 2. März 2011

Ein Bericht aus Santiago

Ich liege gerade in „meinem“ Garten bei circa 30° Grad in der Hängematte, höre das Wasser im Pool plätschern und die Vögel zwitschern – ich glaube mir könnte es kaum besser gehen!
Aber nun von Anfang an:
Am Dienstag, den 15. Februar geht mein Flieger: Frankfurt – Sao Paulo, Brasilien. In Sao Paulo lerne ich während des Wartens auf den Anschlussflug nach Santiago Anne aus Belgien kennen. Sie wohnt schon seit 8 Monaten in Chile und unterrichtet hier Französisch. Sie gibt mir Tipps für Santiago und wir tauschen Nummern aus. Nach weiteren 4 Stunden Flug und einem wunderbaren Blick auf die Anden erreiche ich Santiago. Die Einreise mit meinem Studentenvisum verläuft problemlos und ich fahre mit einem Sammeltaxi „Collectivo“ in die Stadt zu meiner vorher reservierten Unterkunft. Diese war von der Uni empfohlen und sah im Internet vielversprechend aus. Leider ist sie das nicht – es wird gerade alles renoviert und ich war fast alleine in dem für Studenten gedachten Haus. Dennoch werde ich herzlichst von einer älteren Señora begrüßt. Sie führt mich in mein winziges Zimmer und später zum naheliegenden Supermarkt. Leider bekomme ich kein Geld am Automaten trotz Visa-Karte. Da ist sie so nett um leiht mir $ 8.000 CLP (chilenean Pesos), was ca 12€ entspricht und ich kaufe mir fürs Erste Wasser, Brot, Frischkäse und Joghurt...Zurück in meinem Zimmer stelle ich erstmal fest, dass mein Laptop nicht in die Steckdose passt  (alles andere schon!). Dieses Problem lässt sich aber schnell durch einen Adapter, den die Señora mir leiht lösen.  Den Nachmittag verbringe ich dann im Café, genieße den neugewonnen Sommer - 30°Grad. An einer anderen Bank bekomme ich auch problemlos Geld - es funktioniert nur nicht an allen. Abends falle ich total erschoepft ins Bett.
Am nächsten Tag wache ich dank JetLag um 5.55 Uhr auf und nutze die Zeit mich in einem Internetportal für Wohnungssuche in Chile anzumelden. Hier schreibe ich einfach wer ich bin und was ich suche und daraufhin bekomme ich Angebote zugeschickt und wähle aus was mich interessiert und ansehen möchte. Mittags treffe ich Anne zum Mittagessen an der großen Avenida der Stadt. Hier gibt es (fast) alles. Im „Restaurant“ was eher als Imbiss bezeichnet werden kann erklärt mir Anne,  dass Carne a la Plancha, ein Nationalgericht ist – Steak und Pommes mit Spiegelei. Von letzterem sagte sie leider nichts, daher bestelle ich es obwohl ich, wie ihr vielleicht wisst, kein Spiegelei mag. Hinzu kommt,  dass es auch noch triefend fettig ist – es wird also nicht mein Lieblingsgericht. Wir besorgen mir eine Handykarte, eine (wiederaufladbare) Metrokarte, wie es sie z.B. auch in New York gibt und laufen den restlichen Nachmittag (gefühlt) durch die ganze Stadt! Mittlerweile haben wir die Kommunikation auch von Englisch auf Spanisch gewechselt, da ihr Englisch ungefähr so gut ist wie mein Spanisch und ich ja schließlich lernen muss! Sehr diszipliniert, ich weiß ;-) Am späten Nachmittag genehmigen wir uns dann das erste chilenische Bier und das schmeckt immerhin hervorragend! Abschließend lädt Anne mich auf einen 4-Tages-Trip nach La Serena mit ihren chilenischen Freunden ein. Perfekt, da ich noch 1 ½ Wochen frei habe!
Am nächsten Tag schlafe ich etwas länger, erkunde die Stadt und sehe mir die erste Wohnung an – eigentlich schön, sogar mit Garten inklusive Hängematten, allerdings im Partyviertel, was sich zum Wohnen nicht allzu sehr eignet, besonders weil es nicht so sicher sein soll wie manche andere Stadtteile. Abends geh ich mit Anne ins Open-Air-Kino im spanischen Kulturinstitut und verstehe sogar worum es geht…
Samstags morgens um 8.45 Uhr treffen wir uns an der Estación Central, also dem Hauptbahnhof, an dem hier keine Züge sondern nur die Metro und die Busse des Nah- und Fernverkehr abfahren. In ganz Chile ist das Zugsystem nicht sehr fortgeschritten. Dafür sind die Busse um einiges komfortabler als man es aus Europa kennt, wie Max es schon von Peru erzählt hat. Auf der 6 stündigen Busfahrt wird also in Liegeposition geschlafen, Spielfilme (mit ergänzenden Spanischen untertiteln – was perfekt zu Lernen ist) geguckt und die Küste bestaunt. La Serena liegt knapp 400 km nördlich von Santiago, direkt am Meer. Das Klima ist dort etwas milder, die Sonne scheint jedoch trotzdem jeden Tag. In einem Häuschen lassen wir uns nieder, verbringen den Sonnenuntergang am Pazifik – ich überlege kurz, es ist mein drittes Land in dem ich am Pazifik bin: USA, Costa Rica und nun Chile.
Sonntag fahren wir nach Coquimbo die Nachbarstadt und lassen uns über den Fischmarkt treiben – richtig ich auf dem Fischmarkt -  das passt nicht und so fühle ich mich nach einiger Zeit auch. Ich gehe also vor und beobachte lieber den Fischerhafen und bin besonders erfreut als Robben auftauchen, die sich mit Pelikanen um die Beute streiten. Etwas entfernt liegen noch große Seelöwen am Ufer.
Etwa 100 Fotos und einer Empanada (für Chile bekannte, leckere und meist frittierte Teigwaren mit verschiedenen Füllungen) später fahren wir an den Strand. Die Sonne ist hier wie auch in Santiago sehr stark, also halte ich mich mit meinem Hauttyp und nur „die deutsche Wintersonne“ gewöhnt  besser mal hauptsächlich im Schatten auf…Den Abend verbringen wir bei einem chilenischen Studienfreund von Anne in seinem Haus (oder dem der Eltern) außerhalb und oberhalb der Stadt und grillen. Die Stimmung ist super und was braucht man mehr als nette Leute, einen Grill, Essen, Bier und Pisco!? Pisco ist das Nationalgetränk Chiles/Perus – ich möchte mich dazu nicht eindeutig äußern, da dieser Streit schon hunderte von Jahren andauert…
Den dritten Tag fahren wir ins Elqui Valle, ein Tal etwa eine Stunde entfernt, wo der Fluß Elqui die Bewässerung eines riesigen Weinanbaugebietes zwischen kahlen Bergen ermöglicht. Hier finden wir auch ein nettes Plätzchen und können uns abkühlen – der Anblick des klaren Wassers, darüber Grün, dann sandfarbene Berge und der strahlend blaue Himmel ist unbeschreiblich!
Am nächsten Tag geht es zurück und für mich geht die Wohnungssuche weiter. Bei einem Haus, was ich mir angesehen habe wusste ich sofort: da will ich wohnen! Hier wohnen 7 Leute und ein weiteres Zimmer ist zu vergeben. Ein Argentinier (Crisitan), 3 Französinnen (Claire, Lucie und Marianne), ein Deutscher (Michael), eine Amerikanerin (Allana) und ein Spanier (Sergio). Von ihnen werde ich (mit 3 anderen Bewerberinnen – wie sich aber erst später raustellte) am Wochenende zum Grillen eingeladen. Der Abend ist super. Die Nationalitäten auch unter den anderen Gästen sehr gemischt und ich kann mir nicht mehr vorstellen woanders zu wohnen. Doch ich bange, die anderen Bewerberinnen wollen 1-2 Jahre bleiben. Als ich dann am nächsten Tag die Zusage bekomme falle ich aus allen Wolken und bin Überglücklich. Ich muss schließlich auch am nächsten Tag ausziehen!
Zwischenzeitlich ist auch Nicolas (Nick) aus Maastricht angekommen. Zusammen mit ihm und Insa (eine Freundin einer guten Freundin aus Maastricht) registriere ich mich hier offiziell mit meinem Studentenvisum. Wir müssen alle 10 Fingerabdrücke abgeben und uns bei zwei verschiedenen Stellen blicken lassen bevor unsere „chilenischen Personalausweise“ samt Steuernummer beantragt werden. Ich bin froh mal wieder etwas Deutsch reden zu können und diesen Gang mit ihnen zusammen zu machen. Außerdem fahre ich mit Nick zu unserer Uni, die wie ich erst hier erfahren hab sehr weit außerhalb liebt. Ca. 1 Stunde Metro, Busfahren und zu Fuß gehen später kommen wir an. Das Gebäude ist nicht besonders schön, aber ein schneller Blick verrät die Ausstattung ist super und ist mit Sicherheit besser als die der deutschen Unis…Maastricht zu toppen ist da jedoch schwer.
Der folgende Montag ist also Umzugstag und gleichzeitig mein Einführungstag an der Uni. Wie bereits erprobt nehmen Nick und ich den Weg zusammen auf uns und werden mit Kaffee und Kuchen (zum Frühstück) an der Uni begrüßt. Man kommt schnell mit anderen ins Gespräch und wie der Zufall so will spricht man als erstes die anderen Deutschen an – auf Spanisch versteht sich. Vier andere Deutsche sind außer Nick und mir dabei, sonst ist die Mehrheit aus Spanien. Polen, Schweden, Schweiz, USA, Mexiko, Kolumbien und Guatemala sind aber auch vertreten! Die nächsten Stunden bekommen wir alle Infos die man so braucht und anschließend geht es zum Mittagessen zum Argentinier. Hier esse ich seit 1 ½ Wochen das erste Mal richtig gut südamerikanisch.
Am frühen Abend ziehe ich also um. Ich versuche alles wieder in meinen Koffer und meinen Reiserucksack zu packen, doch frage mich, wie ich das alles darein bekommen hatte. Immerhin leiste ich mir ein Taxi, was den Transport einfach macht! Und ich bin keine Stunde in der WG und fühle mich absolut wohl! Hier kann ich 5/6 Monate bleiben!
Der nächste Morgen beginnt für mich mit entspannten Stunden am/im Pool und Nachmittags steht eine City-Tour mit allen Austauschstudenten mit Bus und Reiseführer an, das meiste habe ich jedoch schon mit Anne abgelaufen ;-) Abends geht die WG gemeinsam aus – eine Neueröffnung steht an, soviel habe ich verstanden (wir sprechen ausschließlich Spanisch miteinander). Ich finde mich in einer sehr schicken Bar wieder und bin absolut verwundert. Sowas habe ich hier irgendwie nicht erwartet und bisher auch nicht gesehen! Wir bekommen einen Sekt oder einen Pisco Sour zur Begrüßung, Essen was auf der Dachterrasse und verleben einen tollen Abend.
Und nun genieße ich heute meinen letzten freien Tag bevor morgen die Uni losgeht!
Ich hoffe euch allem geht es gut! Ich freue mich über jede Nachricht aus Deutschland oder wo ihr euch auch alle rumtreibt!

Allerliebste Grüße aus der Ferne,

Eure Maya

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