Sonntag, 19. Juni 2011

Unterwegs in der Atacamawüste


Nach eineinhalb Monaten Reisepause geht es endlich wieder los! Diesmal jedoch mit dem Flieger anstatt wie bisher mit den Reisebussen. Zu fünft, drei Deutsche und zwei Finninnen, fliegen wir von Santiago nach Calama, eine Mienenstadt im Norden Chiles um von dort aus weiter nach Bolivien zu reisen. Wir wurden gewarnt: Calama sei hässlich, dreckig und besonders gefährlich. Wir landen auf 2260 Metern bei Sonnenuntergang in der Wüste, ein wunderschöner Empfang. Vom Flughafen geht es also aus Sicherheitsgründen mit dem Taxi in die Stadt, direkt zum „Ticketschalter“ der Busgesellschaft, die uns nach Bolivien fahren soll. In der kleinen Hütte kaufen wir unter Beaufsichtigung unseres Taxifahrers für 9.000 CLP (ca. 13€) ein Ticket für die nächstmögliche Busfahrt nach Uyuni, Bolivien. Er bringt uns dann auch zu einem Hostel und verspricht uns morgens um 5.45 Uhr abzuholen um uns zum Bus zu bringen. Den Abend verbringen wir in einem super netten Lokal, mit Kamin und Steinofenpizza. Hier merken wir auch nicht wie kalt es wird. Erst am nächsten Morgen als wir um 5.50 Uhr immer noch alleine auf der Straße stehen finden wir Calama unheimlich. Lediglich eine Gruppe junger Männer streunt durch die Straße und wir sind froh ins Taxi steigen zu können bevor sie bei uns ankommen. Der „Busterminal“ ist ein Bürgersteig auf dem sich ausschließlich Bolivianer tummeln. Man erkennt sie endeutig an ihren ründeren Geischtern und dunklerer Haut, als Chilenen sie habe. Aufgereiht stehen sie dort mit allerhand Gepäck, Kisten oder auch Mikrowellen, die Säuglinge und Kinder um sich herum. Nach einer dreiviertel Stunde des Wartens und begutachtet werden sind wir durchgefroren und freuen uns in den Bus steigen zu dürfen. Ganz anders als wir es kennen und mittlerweile erwarten ist dieser Bus klapprig, schmutzig und ungemütlich und nach wenigen Stunden ist alles mit Sandstaub bedeckt, was uns das Atmen schwer macht. Außerdem verbreitet sich der etwas süßliche Geruch, den die Bolivianer an sich haben. Die Aus- und Einreise ist ebenso langwierig und „im Nichts“ wie die nach oder aus Argentinien, jedoch kommt hier hinzu, dass wir die einzigen Touristen sind, wir durch stehende Zuggleise klettern müssen um ins Grenzbüro zu kommen, der erste Pass mit falschem Datum gestempelt wird und wir zwischen den Grenzen mit alle Mann und Gepäck in einen anderen Bus umziehen.


Nach 10 Stunden Off-road-Bustour kommen wir gut durchgeschüttelt und eingestaubt in Uyuni an und werden ebenfalls an einem Bordstein herausgelassen. Hier stehen wir, erstmal verloren und orientierungslos. Keiner von uns hat einen Reiseführer oder eine Karte und von allen Seiten quatschen uns Bolivianer an. Schnell verschaffen wir uns einen Überblick und finden ein Hostel, was dank Elektrodusche mit Warmwasser wirbt. Damit sind wir zufrieden und genießen nach Buchung einer Drei-Tages-Jeep-Tour den spottbilligen Markt, Geschäfte und Restaurants. Wir kaufen so viel wir transportieren können, besonders Kleidung zum Schutz gegen die nächtliche Kälte: Ponchos, Handschuhe, Schals, Mützen, Socken, Stulpen usw. Nach wunderbarem (billigen) Frühstück in der Sonne geht die Tour um 11 Uhr los.

Uyuni, Bolivien

Zusammen mit einem älteren bolivianischen Fahrer und einer jungen Argentinierin beginnt unsere Tour im Jeep (7-Sitzer). Das erste angesteuerte Ziel ist der Salar de Uyuni. Dass dies ein Salzsee sein soll weiß ich bereits, was ich mir darunter vorzustellen habe weniger. Nachdem wir also ein kleines Dörfchen passiert haben (wo wir nochmal zum Bummeln an Ständen herausgelassen werden) beginnt sich nach etwa einer Stunde Fahrt der sandige Boden zu verhellern und Wasserflächen werden sichtbar und durchquert. Kurze Zeit später fahren wir über eine schneeweiße Salzkruste und es ist außer weit entfernten Vulkanen nichts als Salz und der Horizont zu sehen. Nach einer weiteren Stunde in der man lediglich ein Paar einzelnen Jeeps begegnet entdeckt man einen schwarzen Punkt am Horizont, eine Insel wir unser Fahrer uns erklärt. Dort angekommen stehen wir vor riesigen Kakteen mitten im Salzsee…
Salar de Uyuni

Isla Incamuasi

Nachmittags besuchen wir noch ein Salzhotel, mitten auf dem Salar was ausschließlich aus Salz besteht: Wände, Betten, Stühle, Tische. In der Dämmerung verlassen wir den Salar und es geht auf Schotterpiste weiter, vorbei an einem Zugfriedhof in die weite Wüste. Nach ca. 3h Fahrt durch die Dunkelheit erreichen wir einen absolut verlassenen Ort, wo wir in einer spärlichen Unterkunft unterkommen. Mit Suppe und Pommes gesättigt geht es dann in Zwiebeltechnik gekleidet ins Bett: Leggins und oder Skiunterhose unter der Schlafanzugshose, Wollsocken über den Normalen und T-Shirt und Pulli. (Die Sanitäranlagen sind hier höchstinteressant: Toiletten gibt es, fließend Wasser auch, nur keine Toilettenspülung – wer erklärt mir warum?!)

Um 8 Uhr am nächsten Morgen sitzen wir alle wieder mit Sack und Pack im Jeep. Heute geht es den ganzen Tag durch die Sandwüste! 


Wir halten an mehreren Lagunen in verschiedensten Farben: (weiß, blau, grün und rot!), sehen Flamencos, Viscachas und Vincuñas. Wir sind alle von den unglaublichen Weiten beeindruckt, da lassen wir uns von der dünnen staubigen Lust auch nicht allzu viel stören. An der Laguna Colorada beziehen wir erneut eine Bleibe für die Nacht bei -15 Grad auf 4280 Metern mit dem tollsten Sternenhimmel, den ich jemals gesehen habe.

Laguna colorada

Am nächsten Morgen geht es um 5 Uhr weiter. Etwa eine Stunde entfernt gibt es Geisere, die zum Sonnenaufgang erreicht werden. Wir beobachten wir der heiße Dampf aus dem Boden geschossen kommt, es riecht nach Schwefel und teilweile kocht der schlammige Boden. 

Los geysers



Von hier aus geht es weiter zu heißen Quellen, zum Morgenbad um 7 Uhr. Nach der Überwindung sich bei Minustemperaturen auszuziehen genießen wir das herrlich warme Wasser mit unglaublicher Aussicht! 


Später wird eine weitere Lagune besichtigt und von dort geht es in Richtung Grenze. Am bolivianischen Ausreisebüro, wo ein Fuchs herumstreunt, versuchen die Beamten und erst einmal Geld abzunehmen „Ausreisesteuer“ nennen sie es. Wir beobachten zwar wie selbst Bolivianer dies zahlen, weigern und aber es zu zahlen solange sie es uns nicht schriftlich beweisen können, dass dies rechtens ist. Nach ein paar Minuten beschämter Stille stempeln sie unseren Reisepass und lassen uns in einen Reisebus einstiegen, der uns nach Atacama bringt.

Atacama ist ein Touristenort, erbaut aus Sandstein. Es gibt viele Hotels, Hostels, Restaurants und noch mehr Tourismusagenturen. Trotz allem ist es urig! Zusammen mit zwei weiteren Freunden, die aus Santiago nachkommen beziehen wir ein Hostel, was mit Hängematten und Liegen ausgestattet ist und verbringen die nächsten Tage ganz entspannt bei tollem Wetter, gutem Essen (in Restaurants unter freiem Himmel an Lagefeuern), und buchen weitere Touren. Einen Nachmittag/Abend fahren wir über den Salar de Atacama (dieser ist sandfarben nicht weiß) zur Laguna Cejar, die einen so hohen Salzgehalt hat, sodass man wie im Schwarzen Meer „floatet“. Leider ist das Wasser recht frisch, aber der Spaßfaktor ist hoch. Weiter geht es zu den Ojos del Salado, zwei runden, mit Wasser gefüllten Kratern, in die unser Hahn im Korp mutig hereinspringt! Zum malerischen Sonnenuntergang wird uns Piscosour serviert…Eine andere Tour geht ins Valle de la Luna (Mondlandschaft), wo wir durch einen schmalen Canyon klettern (ähnlich Antilope Canyon in den USA) und uns zu einem Aussichtspunkt zum Sonnenuntergang begeben. Die letzten beiden Tage werden sportlich verbracht: Sandboarden im Valle de la Muerto (Todestal) und Ausreiten mit dem verrücktesten Cowboy. Nach dem Sandboarding wurde nochmals der Sonnenuntergang an einem anderen Aussichtspunkt genossen, wo wir einen deutschen älteren Herren kennenlernen, der mit seinem umgebauten Militärkrankenwagen mit Brakener Kennzeichen seit 10 Jahren von Bremen, über Canada bis runter nach Chile gereist ist und in Mexico seine jetzige Frau eingepackt hat.

Salar de Atacama




Morgens um 7 Uhr geht unser Flieger zurück nach Santiago, was uns nass und kalt erwartet. Tatsächlich kann ich mich jedoch über Regen freuen, habe ihn quasi vermisst! (Im Durchschnitt gibt es gerademal 15 Regentage pro Jahr in Santiago, die immer sehnlichst erwartet werden, da sie für ein paar Tage den Smog reduzieren, der hier besonders im Winter sehr stark ist – Statistiken sagen ein Tag in Santiago entsprechen 3 gerauchten Zigaretten). Trotz diesen Fakten habe ich das Gefühl „nach Hause“ zu kommen und habe noch nicht verarbeitet, was ich in diesen 10 Tagen gesehen und erlebt habe!